Blinded by the Light
Ort
BAC-Theater, In den Siepen 6
Veranstalter
Bad Arolsen Company e.V.
Termine
Mi, 13.10.2021, 19:30 Uhr
Obwohl die Songs von Bruce Springsteen, wie schon der Titel deutlich macht, eine dominante Rolle einnehmen, erzählt die Regisseurin in erster Linie die Geschichte eines pakistanischen Teenagers im Großbritannien der 1980er Jahre.
Großbritannien, zur Eisernen Zeit von Margaret Thatcher im Jahr 1987: Der 16-jährige Javed lebt mit seiner Familie in der Arbeiterstadt Luton. Der aus Pakistan eingewanderte Vater Malik ist das unbestrittene Oberhaupt der Familie und sein Sohn hat nur eine Aufgabe: Hart im College zu lernen, um später Anwalt, Steuerberater oder Arzt zu werden. Doch Javed schreibt schon seit frühester Kindheit Gedichte und belegt im College auch gleich mal heimlich den Literatur-Kurs von Ms. Clay Doch zur wahren Befreiung kommt es erst, als ihm Mitschüler Roops zwei Kassetten mit Musik von Bruce Springsteen zusteckt. Zuerst ist Javed skeptisch, was er mit den Songs eines alten Rockers aus Amerika anfangen soll. Doch als er die erste Kassette in seinen ihn ständig begleitenden Walkman einlegt, treffen ihn die Worte bis ins Mark und es verändert sich alles …
Die Regisseurin erzählt sehr eindringlich und nachvollziehbar vom Leben einer Immigrantenfamilie in einem britischen Vorort und zieht dabei auch Parallelen in die Gegenwart. Malik ist stolz darauf, es als erster Pakistani in eine weiße Nachbarschaft geschafft zu haben, doch die Ablehnung ist jederzeit spürbar, rechte Hassparolen sind an der Tagesordnung. Chadha findet dabei immer wieder starke Bilder, wenn zum Beispiel Jugendliche bei einer befreundeten Familie regelmäßig durch den Briefkastenschlitz pinkeln und sich diese damit bereits soweit abgefunden hat, dass Plastikplanen auf dem Boden liegen und der Putzeimer bereitsteht. Selbst wenn einzelne Szenen auch mal plakativer ausfallen, entfalten sie dennoch ihre Wirkung: Als Nazi-Demo und pakistanische Hochzeitsgesellschaft aufeinanderprallen, schweift Kameramann Ben Smithard etwa plötzlich ab – zu einem großen, über der Szenerie thronenden Plakat von Margaret Thatcher. Ihre mit erhobenem Arm präsentierte Botschaft vom „vereinten Britannien“ wirkt in diesem Moment wie blanker Hohn – und ist auf eine Weise brandaktuell, die die Filmemacher natürlich gar nicht vorhersehen konnten. Schließlich erinnert das alles stark an Boris Johnson, der zwar ebenso wie einst Thatcher oft „vereint“ sagt, aber die Gesellschaft spaltet.
Fazit: Nicht nur eine großartige Ode an die Kraft der Musik von Bruce Springsteen, sondern auch eine ganz wunderbare Coming-Of-Age-Geschichte, nach der man völlig beschwingt das Kino verlässt.
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